Der Scanner als Hilfsmittel zur Makro- und Mikrofotografie

Die bisherigen Beispielbilder haben gezeigt, dass man sich bei den Abbildungsmaßstäben in einem Bereich bewegt, der üblicherweise der Makrofotografie zuzuordnen ist. Es stellt sich die Frage, ob man Objekte so weit vergrößert darstellen kann, dass Details sichtbar werden, die man mit dem bloßen Auge nicht mehr  wahrnimmt. Dann könnte man den Scanner als Lupe oder gar Mikroskop verwenden. Auch dieser Aspekt wird in dem Skript (Kapitel 3) "Ein Multimedia-Praktikum" von Hans-Werner Kisker kurz behandelt. Legen Sie ein geeignetes Motiv auf den Scanner und wählen sie eine hohe Auflösung. Danach können Sie schnell feststellen, wie gut Ihr Scanner für diesen Zweck geeignet ist. Wenn Sie sich näher damit befassen wollen, lesen Sie auf dieser Seite weiter. Ansonsten genügt schon dieser knappe Hinweis. 

Um die Möglichkeiten abzuschätzen, sollte man wissen, dass die Winkelauflösung des menschlichen Auges etwa 2 Bogenminuten (in extremen Fällen sogar eine Bogenminute) beträgt. Bei einem Gegenstand in deutlicher Sehweite von 25cm kann man deshalb zwei Punkte gerade noch getrennt wahrnehmen, wenn sie 0,145mm voneinander entfernt sind. Diese Entfernung entspricht 1/170 Inch. Soll ein Scanner die Punkte unterscheiden können, benötigt er nach dem Nyquist-Theorem mindestens die doppelte Auflösung, also etwa 340 DPI (Dots Per Inch). Selbst billige Flachbettscanner übertreffen diese Auflösung. Mein eigener Scanner liegt mit 1200 DPI in der Hauptrichtung und 2400 DPI in der Nebenrichtung eindeutig im Bereich preisgünstiger Hobbygeräte aus dem Supermarkt. Professionelle Scanner erreichen 4000 DPI und können damit eine 12-fache Vergrößerung im Vergleich zum menschlichen Auge erreichen. Die Darstellungsgröße am Bildschirm oder Papierausdruck muss zur erreichbaren Auflösung passen, sonst erhält man eine leere Vergrößerung, bei der nur noch die Unschärfen vergrößert werden, aber keinen neuen Details sichtbar werden. Bevor man eine riesige Auflösung einstellt, lohnt ein Blick in das Datenblatt des Scanners. Oft können Auflösungen eingestellt werden, die nichts mit der wirklichen Abtastung zu tun haben und nur das Bild in ein größeres Format umrechnen, also extrapolieren.

Ein Beispiel: Möchte man Strukturen sichtbar machen, die das menschliche Auge noch wahrnehmen kann, muss man wegen des Nyquist-Theorems mit gut 300 DPI scannen. Der Papierausdruck mit 300 DPI sollte im Idealfall bei gleicher Größe von Druck und Objekt dieselben Details sichtbar werden lassen.  Bei einem Scanner mit 4000 DPI kann man jedoch die 13-fache Druckgröße wählen und erreicht so eine (förderliche) Vergrößerung von 13. In dieser Hinsicht  teile ich nicht ganz die Meinung oben genannten Autors, der für eine bestimmte Bildschirmwiedergabe eine 50-fachen Vergrößerung errechnet (was korrekt ist), aber dabei von einer 50-fachen Auflösung spricht.

Da mein Scanner in der Hauptrichtung maximal 1200 DPI erreicht, kann man nur eine etwa 4-fache Vergrößerung erreichen. Als Mikroskop möchte ich diesen Scanner nicht bezeichnen. Bereits 1996  wurde ein Trommelscanner von Opto Trade vorgestellt, der mit 16.000 DPI scannen kann und die Bezeichnung Mikroskop verdient.


Mit den rechts gezeigten Bildern möchte ich ein Gefühl dafür vermitteln, wie sich einen Veränderung der Scannerauflösung auf das Bild auswirkt. Dazu habe ich eine Folie (belichtetes Diapositiv) mit einer Längenskala der Breite 6mm und einer 1/10mm-Teilung vor einem weißen Hintergrund gescannt. Im Grunde ist das ähnlich der Verwendung eines Objektmikrometers, jedoch mit einer weniger feinen Teilung.

Im Bild rechts oben wurde mit 300 DPI gescannt. Das Bild besitzt eine Größe von 96x46 Pixels und wurde zur Angleichung an die Darstellung der anderen Bilder um den Längenfaktor 4 gestreckt. Nach dem Nyquist-Theorem müsste man jedoch zur Auflösung der feinsten Einteilung von 1/10mm mit einem Abstand von 1/20mm abtasten, was gut 500 DPI bedeuten würde. Die Skala wird deshalb nicht aufgelöst.

Das mittlere Bild wurde mit 600 DPI gescannt und lässt die Striche im Abstand von 1/10mm bereits gut erkennen. Es wurde in der Darstellung um den Faktor 2 gestreckt. Das Nyquist-Theorem ist eingehalten, da zwischen den Strichen mindestens ein weißer Punkt abgetastet wird. Die Striche verschmelzen nicht.

Schließlich zeigt das Bild rechts unten ein mit 1200 DPI gescanntes Bild. Es ist hier in der originalen Größe von 384x184 Pixels wiedergegeben. Das Bild löst nicht nur die Striche ordentlich auf, sondern zeigt eine gute Darstellung der Feinheiten der Ziffern.

Objektmikrometer gescannt mit 300 DPI
Objektmikrometer gescannt mit 600 DPI
Objektmikrometer gescannt mit 1200 DPI


Auf der einführenden Seite ist ein Lineal abgebildet, das zur Beurteilung der Schärfentiefe des Scanners dient. Die Schärfe der Abbildung sinkt offenbar mit dem Abstand vom Scanner. Dies rührt daher, dass die Bereiche, aus denen die CCD-Elemente Licht aufnehmen, mehr und mehr überlappen. Wenn das Bild auf Grund dieses Effektes unscharf wird, ist es nicht sinnvoll, am Scanner eine sehr hohe Auflösung einzustellen, die letztlich nicht ausgenützt wird. Umgekehrt gibt es zu einer gewählten Auflösung des Scanners einen maximal sinnvollen Abstand, will man diese Auflösung tatsächlich ausnützen. Bei einem Abstand von 2cm mag man bei dem hier verwendeten Flachbettscanner noch ein akzeptables Bild bei einer Auflösung von 300 DPI erhalten. Wählt man dagegen 1200 DPI, so enthält das Bild kaum zusätzliche Details. Bei 1200 DPI werden nur Motive scharf abgebildet, die allenfalls wenige Millimeter vom Scanner entfernt sind. Wählt man eine unnötig hohe Scannerauflösung, so bezahlt man das mit einer großen Bilddatei (die man allerdings gut komprimieren kann) und einer geringen Scangeschwindigkeit.

Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass ich Versuche angestellt habe, mit aufgelegten Lupen dem Motiv noch etwas näher auf den Pelz zu rücken. Wie nicht anders zu erwarten, erhält man ein vergrößertes Bild, aber auch Reflexionen von der Unterseite der Lupe, Verzerrungen am Rand und farbige Säume. Dazu kommen Helligkeitsprobleme. Es lohnt sich nicht, die mageren Ergebnisse zu zeigen.