Schärfentiefe und die Erhöhung der Schärfentiefe durch Kombination von Schärfenebenen
Zur Schärfentiefe
Die Schärfentiefe ist insbesondere bei höheren Vergrößerungsstufen nicht
ausreichend, um viele Objekte über das ganze abgebildeten Feld gleichzeitig
scharf zu sehen. Der Beobachter
muss daher stets den Triebknopf in der Hand haben, um sich die gewünschten
Details scharf zu stellen.
Bei den ersten Aufnahmen am Stereomikroskop, bei denen die Schärfeebene
korrekt liegt, ist man zudem schnell über die unerwartet geringe
Schärfentiefe des Bildes im Vergleich zum visuellen Eindruck enttäuscht. Bei
der Beobachtung durch das Okular betrachtet man zu einem Zeitpunkt nur einen
begrenzten Bildausschnitt, auf den das Auge in Grenzen akkomodieren kann.
Subjektiv entsteht so eine Erhöhung der Schärfentiefe im Vergleich zum
Foto. Das ist im Prinzip nichts anderes als die Begrenzung der Schärfentiefe
bei der "normalen" Fotografie. Die zusätzliche Schärfentiefe der visuellen
Beobachtung, die Akkomodationstiefe ist proportional zu 1/v2, wobei v die
Gesamtvergrößerung des Gerätes ist. Bei wachsender Vergrößerung sinkt die
Bedeutung dieses Anteils an der Schärfentiefe deshalb schnell und spielt bei
hohen mikroskopischen Vergrößerungen eine geringere Rolle. Der Effekt ist
offensichtlich auch von der Akkomodationsfähigkeit des menschlichen Auges
abhängig, die mit den Alter sinkt. Bei Stereomikroskopen mit ihren geringen
Vergrößerungen ist die Akkomodationstiefe ein wesentlicher Beitrag und
übertrifft häufig die nicht akkomodationsabhängige Schärfentiefe.
Durch Schließen der Blende (Erhöhen
der Blendenwerte) beim Fotoapparat lässt sich die Schärfentiefe erhöhen.
Dies verringert die Öffnung (Apertur) der Kamera. Bei einer Kamera, die an
einem Mikroskop betrieben wird, liegen andere Verhältnisse vor. Fotografiert
man durch ein Okular, kann mit der Blende der Kamera insbesondere bei
höheren Vergrößerungsstufen die
Schärfentiefe nicht wesentlich erhöht werden. Entfernt man das
Kameraobjektiv und belichtet direkt den Chip, hat man keine Blende mehr zu
Verfügung. Manche Stereomikroskope oder auch Fototuben besitzen im Bereich
des Unendlich-Strahlengangs eine Aperturblende. Dies gilt leider
nicht für preisgünstige Geräte, wie das MBS-10. Eine Aperturblende ließe sich
allerdings auch nachträglich gut im Bereich des Unendlich-Strahlengangs, also
zwischen Objektiv des Stereomikroskops und der Tubuslinse einfügen,
anderseits führt eine Verringerung der Apertur immer auch zu einer Verringerung
der Auflösung.
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Bilderstapel
Ohne diese Nachteile lässt sich ein tiefenscharfes Bild oft aus mehreren
einzelnen Aufnahmen unterschiedlicher Fokusebenen (Z-Stapel) kombinieren.
Dazu verstellt man in Schritten den Abstand von Objektiv zum Objekt mit dem
Triebknopf und nimmt jeweils ein Bild auf.
Wird bei Stereomikroskopen der Triebknopf
verstellt, so bewegt sich das Gerät senkrecht, während jeder der beiden
Sehstrahlen vom Objektiv zum Objekt um den halben Konvergenzwinkel (Winkel
unter dem das Objekt vom Betrachter gesehen wird) gegen die Senkrechte
geneigt ist. Das Objektiv wird also nicht in Richtung seiner genutzten
optischen Achse verschoben. Dies bewirkt eine seitliche Verschiebung des
Bildes. |
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Beim MBS-10 beträgt die Brennweite des
Objektivs 90mm. Jedes der beiden parallelen Lichtbündel hat einen Abstand
von 10mm von der optischen Achse des Objektivs. Im Verhältnis dieser beiden
Größen verschiebt sich auch das Bild bei Höhenverstellung. Wird etwa der
Abstand von Objektiv zu dem Objekt um einen Millimeter verändert, so
verschiebt sich das Bild so, als ob das Objekt um 10/90 x 1mm = 1/9mm zur
Seite verschoben worden wäre (eine Zusammenstellung der Daten des MBS-10
finden Sie hier). Die einzelnen in verschiedenen Fokusebenen
aufgenommenen Bilder sind signifikant gegeneinander verschoben und können
ohne vorherige Ausrichtung nicht zu einem Bild kombiniert werden. Wenn Sie
das obige Bild des Z-Stapels anklicken, sehen Sie eine Animation aus vier Bildern
eines Stapels, an der man die Verschiebung erkennen kann (142kB). Durch
erneutes Anklicken gelangen Sie zum statischen Bild zurück.
Software
Ein frei
verfügbares Programm, das diese Korrekturen automatisch ausführen kann, ist
CombineZ. Auch Korrekturen des Abbildungsmaßstabs und Rotationen können
ausgeführt werden, letztere allerdings nur manuell. Zur Kombination der
Bilder stehen zwei Verfahren zu Verfügung. Entweder werden die Bilder über
den ganzen Stapel gemittelt und anschließend geschärft, oder das kombinierte
Bild wird mosaikartig aus den jeweils besten Bildpartien der Einzelbilder
zusammengesetzt.
Eine weitere Software zum Kombinieren von Schärfeebenen ist
PICOLAY von Heribert
Cypionka. Dieses Programm . Es kann sich durchaus
lohnen, verschiedene Programme für Teilaufgaben einzusetzen.
Tipps
Manche Motive eigenen sich leider nicht gut für die Gewinnung
tiefenscharfer, kombinierter Bilder. Problematisch ist ein Objekt mit
fadenförmigen Strukturen, weil bei Änderung des Feintriebs immer ein anderer
Teil des Hintergrunds abgedeckt wird. Eine mäßig gewellte Oberfläche eignet sich
dagegen gut für diese Methode.
Ein paar praktische
Tipps:
Stellen sie an der Kamera unbedingt
eine feste Entfernung ein, bevorzugt "unendlich". Da sich durch
eine Veränderung des
Fokus der Kamera insbesondere bei geringen Vergrößerungen die Lage der
Schärfenebene verändert, kommt es bei automatischem Fokus sonst unweigerlich
zu einem "Mitzieheffekt". Die Fokuseinstellung kompensiert bis zu einem
gewissen Grad Ihre Verstellung am Triebknopf. Ein definiertes Durchfahren
von Fokusebenen gelingt mit Autofokus nicht.
Versuchen Sie, die Kamera parfokal
mit dem Okulareinblick zu montieren. Es wird so wesentlich leichter, den
gewünschten Tiefenbereich abzudecken.
Verwenden Sie möglichst wenige Ebenen. Wenn einen Ebene nicht in
irgendeinem Bereich einen sichtbar schärferen Bildteil besitzt, lassen Sie
das Bild weg. Es kommt auf die Bildbestandteile an, die zum Gesamtbild
wesentlich beitragen sollen.
Probieren Sie beide Verfahren zur Kombination des
Stapels aus. Welches die besseren Ergebnisse liefert,
ist schwer vorherzusagen.
Führen Sie Bildbearbeitungen, wie Ausschneiden, Filterungen oder
Farbkorrekturen immer erst am kombinierten Bild durch.
Das Problem der Bildverschiebung bei
Höhenverstellung lässt sich auf unterschiedliche Weise vermeiden. Weil die
Korrektur durch CombineZ gut funktioniert hat, habe ich keine Versuche dazu angestellt. Möglich, aber sehr aufwendig wäre eine gekippte
Montage und senkrechte Verschiebung des (gekippten) Körpers des Stereomikroskops. Carl Zeiss bietet
eine Objektivzwischenplatte an, mit der das Objektiv seitlich so versetzt
wird, dass eine axiale Anordnung bei einem der beiden Strahlengänge
erreicht wird. Der andere Strahlengang ist dann nicht mehr nutzbar.
Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, statt eines Stereomikroskops ein
Gerät zu verwenden, das zwar einen binokularen Einblick, aber keine
getrennten Strahlengänge für die Augen anbietet. Solche axial aufgebauten
Geräte (Photo-Makroskop)
sollten sich besonders gut für die Aufnahme von Bilderstapeln eignen.
Einige exemplarische Bilderstapel mit kombinierten Bild finden Sie
hier. |