Kamera am Stereomikroskop
Mancher, der die beeindruckende Räumlichkeit bei
Beobachtungen mit dem Stereomikroskop erlebt hat, wird Lust bekommen,
stereoskopische Aufnahmen mit diesem Gerät anzufertigen. Die digitale
Aufnahmetechnik und Bildbearbeitung, sowie die Wiedergabe am Monitor haben
Möglichkeiten geschaffen, die den Zugang zur Stereofotografie wesentlich
erleichtern und attraktiver machen. Ohne Warten auf Filmentwicklung und
mechanisches Ausrichten der Dias im Rahmen sind die Stereobilder schnell
verfügbar. Hervorragende Software ist als Freeware im Internet zu finden.
Verschiedene Methoden der Aufnahmetechnik und Wiedergabe bieten sich an. Um
diese Möglichkeiten soll es auf
den folgenden Seiten gehen.
Zur Technik von makroskopischen wie mikroskopischen Stereoaufnahmen gibt es
reichlich Literatur. Zur Stereo-fotografie im allgemeinen empfehle ich das
Buch von G. Kuhn "Stereo-Fotografie und Raumbild-Projektion" (1999). Es
enthält eine ausführliche Behandlung der Theorie, geht jedoch nicht auf
Digitalfotografie und digitale Bildverarbeitung ein. Im Internet finden sich
unter anderem sich die Homepage der
Deutschen
Gesellschaft für Stereoskopie e.V., das "Handbuch
der Stereoskopie für Fortgeschrittene" von Uwe Förster und die
Homepage "Infos
rund um die Stereofotografie" von Gerhard P. Herbig. Auf
Stereofotos mit dem Stereomikroskop geht G. Göke in "Moderne Methoden der
Lichtmikroskopie" (1988) und im Aufsatz "Stereoskopische Mikrofotografie" (MIKROKOSMOS 1981)
ein. Im Internet können Sie Stereofotos
mikroskopischer Objekte auf der Homepage "Stereoscopic
Microscopy" von Wim van Egmond sehen.
Zwei Wege zum Stereobild
Zunächst sollen einige technische Möglichkeiten zur Aufnahme von
Stereobildern am Beispiel des Stereomikroskops MBS-10 vorgestellt und
verglichen werden.
Es gibt zwei unterschiedliche Ansätze, die Bilder für das rechte und linke
Auge, die so genannten Halbbilder aufzunehmen. Entweder wird die
Kamera in den Strahlenverlauf für das rechte und linke Auge des
Stereomikroskops gebracht, oder die relative Lage des Objekts zur optischen
Achse des Mikroskopobjektivs wird verändert.
Auf dieser Seite befasse ich mich mit Anordnungen der
Kamera nach dem ersten Verfahren. Informationen zur Veränderung der Lage des Objekts finden Sie auf
der Folgeseite.
Anbindung der Kamera an beide
Teilstrahlengänge
Wird das Kamerabild aus dem Strahlenverlauf für das rechte und linke
Auge gewonnen, so wird das Objekt aus zwei Blickrichtungen betrachtet, die
einen Winkel einschließen. Dieser Konvergenzwinkel ist vom jeweiligen
Stereomikroskop abhängig und konstant. Er liegt typischerweise bei etwa 15°.
Wie später gezeigt wird, kann die Beschränkung auf einen festen
Konvergenzwinkel eine gravierende Einschränkung für stereofotografische
Anwendungen bedeuten.
Die Überlegungen zur Kameraanordnung sind in der Regel
nur auf Stereomikroskope anwendbar, die nach dem Fernrohrprinzip
arbeiten. Stereomikroskope nach dem Greenough-Prinzip besitzen keinen
Unendlich-Bereich. Deshalb können nicht einfach ein oder gar zwei Fototuben
zwischen Objektiv und Okular eingeschoben werden. Zum Aufbau und den
technischen Daten des Stereomikroskop MBS-10 gibt es hier eine
Notiz.
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Aufnahme durch Binokulartubus
Eine naheliegende
Möglichkeit ist die aufeinander folgende Aufnahme durch beide
Okulareinblicke.
Erfolgt die Aufnahme durch das Okular, sollte zur Erreichung einer Parfokalität der beiden Bilder darauf geachtet werden, das die
Dioptrien-einstellung der beiden Einblicke identisch ist. Ansonsten ist nach
Umbau der Kamera das Stereomikroskop nachzufokussieren.
Auf lange Sicht
ist es vermutlich besser, die Okulare im Tubus zu belassen. Wird der
Fotoadapter zwischen jedem Bild vom Okular gelöst und auf das andere Okular
geschraubt, ist das zwar mehr Arbeit, aber dafür sammelt sich kein Staub im
Tubus an.
Die Ausrichtung der Kamera sollte möglichst exakt (in
den meisten Fällen
waagerecht) sein. Ohne weitere Hilfsmittel, wie einen stabilen Halte-rahmen,
wird es sich kaum vermeiden lassen, dass die Bilder gegeneinander verkippt
sind. Diese Drehung muss bei der Bildbe-arbeitung für jedes Stereopaar
separat ausgeglichen werden. Das ist einer der wesentlichen Nachteile dieser
Aufnahmetechnik. |
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Am Bild oben rechts erkennt man ein weiteres Problem, das bei schweren Kameras
auftreten kann, bei denen der Schwerpunkt des Gehäuses weit von der
optischen Achse des Objektivs entfernt liegt. Die Kamera bleibt nicht von
alleine in der Horizontalen. Selbst eine Klemmung der Okulare im Tubus hilft
nicht unbedingt, wenn dann die Kamera im Gegenzug den Dioptrienausgleich
verstellt. Ohne Klemmungen oder Halterahmen muss man die Kamera mit der Hand
unterstützen.
Eine große Kamera erschwert die visuelle Kontrolle durch den Einblick ins
freie Okular. Bei einer stark asymmetrischen Bauweise des Kameragehäuses
kann es helfen, diese auf einem Okular um 180° gedreht anzubringen und
anschließend das Bild zu entsprechend zu korrigieren.
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Montage des Fototubus in zwei Positionen
Steht ein Fototubus zur Verfügung, dann kann dieser (beim MBS-10) in zwei
um 180 Grad gedrehten Positionen montiert werden, so dass die Kamera einmal
das Bild des rechten und einmal das Bild des linken Okulareinblickes
erfasst. Die Bilder zeigen die beiden Anordnungen.
Eines der Bilder muss danach um 180 gedreht werden.
Die Verkippung der Stereobilder kann relativ gering gehalten werden.
Neben der genauen Ausrichtung spielt die Fertigungsgenauigkeit des Tubus ein
Rolle. Um kleinere Korrekturen wird man nicht herumkommen.
Leider erfordert die Umrüstung beim MBS-10 auch das Abnehmen des Tubus.
Das macht den Umbau aufwendiger. |
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Zwei Fototuben
Verfügt man über zwei
Fototuben und zwei Kameras, dann erübrigt sich das Umrüsten,
denn die Unendlich-Optik erlaubt die gleichzeitige Montage zweier Tuben
übereinander. Trotz des zusätzlichen Lichtwegs im Bereich des Unendlichstrahlengangs
gelangt man noch nicht an die Grenze einer zusätzlichen Vignettierung im
visuellen Einblick.
Die Ringschwalben haben
für diese Montage natürlich die passenden Maße. Mit zwei Kameras
gelingen Fotos in schneller Folge und mit geeigneter Synchronisierung
auch Stereoaufnahmen bewegter Objekte.
Bei genauer Ausrichtung der Fototuben zueinander kann eine Verkippung der
Bilder gänzlich verhindert werden.
Für den Okulareinblick werden bei beiden Augen zwei Strahlenteiler
durchlaufen (in jedem Tubus befinden sich zwei Stück). Die Auskopplung des
Lichtes für die Kamera geschieht aber einmal im oberen und einmal im unteren
Prisma, so dass die Lichtintensitäten und der Farbton nicht
übereinstimmen, Man kann aber die überflüssig gewordenen zwei Prismen
entfernen, sich also auf die Auskoppelprismen beschränken. So bleiben auch die guten optischen Eigenschaften des Binokulareinblicks erhalten. Vielleicht
hat ja einer der Leser des
Beitrages die Möglichkeit, diesen Aufbau zu testen.
Nachteilig an diesem Vorschlag ist vor allem der hohe
gerätetechnische Aufwand. Deshalb ist das gezeigte Bild auch
nur eine Fotomontage.
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Stereo-Fototubus
Der rechts
gezeigte Fototubus erlaubt gleichzeitiges Fotografieren beider Bilder bei
günstigerem Materialaufwand. Er besitzt im Strahlengang für jedes Auge genau einen
Strahlteiler. Verkippungen der Bilder gegen-einander sind bei sorgfältiger
Montage des Tubus nicht zu befürchten.
Leider ist dieser
Tubus für das Stereomikroskop MBS-10 nicht zu kaufen, denn es gibt ihn
nur als
Fotomontage.
Weitere Möglichkeiten
Die gezeigten Möglichkeiten sind
keineswegs vollständig. Es gibt Realisierungen, bei denen die
Fotoeinrichtung auf einem Schlitten über den rechten oder linken
Strahlengang verschiebbar ist (Carl Zeiss). Dabei kann auch eine
Aperturblende integriert sein. Eine solche Einrichtung könnte beim
MBS-10 gut oberhalb des Vergrößerungswechslers (Galilei-System) angebracht
werden.
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