Beugungsbegrenzte Auflösung bei visueller Beobachtung
In diesem Abschnitt soll es um die Schärfe der Abbildung bei visueller
Beobachtung gehen. Oftmals ist die Schärfentiefe nicht ausreichend, um ein
Motiv in seiner ganzen Tiefe gleichzeitig scharf zu sehen. Grundlegendes
über diesen Aspekt und die Rolle der Akkomodation des Auges wurde bereits
auf einer Seite zum Stereomikroskop
berichtet. Die Schärfentiefe bei fotografischen Aufnahmen mit dem Photomakroskop wird auf
der Seite zur Blendenwahl behandelt.
Unschärfe durch Beugung
Die Schärfe der Abbildung wird nicht nur durch die Tiefe des abgebildeten
Objektes begrenzt, sondern auch durch die Beugung des Lichtes an der
Eintrittspupille. Dieser wellenoptische Effekt führt dazu, dass ein
leuchtender Punkt des Objektraumes nie in einen exakten Bildpunkt abgebildet
wird, sondern in ein kleines Scheibchen, das so genannte Airysche
Beugungsscheibchen. Dieses ist nichts anderes, als das Beugungsbild der
Eintrittspupille. Bei monochromatischem Licht besteht es aus einem zentralen
Scheibchen hoher Intensität, welches von Ringen rasch abnehmender Intensität
umgeben ist. Als Maß für die Größe des Scheibchens wählt man deshalb den
Radius des ersten dunklen Ringes (r). In der Ebene des Zwischenbildes ist
dieser Radius beschrieben durch die Beziehung:
Dabei ist:
λ = Wellenlänge des Lichtes. Es ist sinnvoll, die Wellenlänge von grünem
Licht (λ=550nm) für Modellrechnungen zu verwenden.
nA = numerische Apertur. Befindet sich Luft zwischen Objekt und Objektiv,
ist sie gegeben durch nA = sin(σ), Der Winkel σ ist der halbe objektseitige
Öffnungswinkel.
m = Abbildungsmaßstab (die Grundlagen dazu finden Sie
hier)
Betrachtet man das Zwischenbild durch ein Okular, so erscheint das
Beugungsscheibchen dem Betrachter unter einem Winkel, als befinde es sich in
der "deutlichen Sehweite" von d = 250mm und habe die Größe:
Dabei ist
v = vok*m die Gesamtvergrößerung.
Letztlich kann man das Beugungsscheibchen auch in der Ebene des Objektes
betrachten. Das Objekt erscheint so, als ob man jeden Punkt durch ein
Airy-Scheibchen mit entsprechender Intensität ersetzen würde, wobei sein
Durchmesser gegeben ist durch:
Die typischen beleuchteten Objekte, die man mit dem Makroskop betrachtet,
kann man als inkohärent strahlende Selbstleuchter behandeln. Zwei Punkte des
Objektes werden in zwei Beugungsscheibchen abgebildet, deren Intensitäten
sich addieren. Nach dem Rayleigh-Kriterium sind zwei Punkte dann voneinander
unterscheidbar, wenn ihr Abstand mindestens den Durchmesser des
Beugungsscheibchens beträgt. Ist ihr Abstand genau r, dann fällt das
Hauptmaximum jedes der Airy-Scheibchen auf das erste Minimum des anderen. Es
werden aber auch andere Kriterien herangezogen. Oft wird für eine erkennbare Auflösung
nur gefordert, dass das Minimum zwischen den Beugungsmaxima 80% der
maximalen Intensität erreicht. Das wird bei einem Punktabstand von
erreicht. Die Ausdrücke für den
entsprechenden Punktabstand in der Zwischenbildebene oder Objektebene erhält
man nach Austauschen des Faktors v durch m bzw. 1.
Der Mensch kann Winkel ab etwa 2' auflösen, was in der deutlichen
Sehweite einer Länge von 0,145mm entspricht. Bequem erkennen kann man
getrennte Punkte unter dem doppelten Winkel, entsprechend einem Punktabstand
von 0,29mm. Setzt man diese Entfernungen in das Rayleigh-Kriterium
(Gleichung für rv) ein und löst nach v auf, so erhält man bei der
Wellenlänge λ=550nm maximal sinnvolle Vergrößerungen von vmax =
433*nA bis vmax = 867*nA. Berechnet man die Vergrößerungen aus
der Gleichung für die erkennbare Auflösung (Gleichung für rh) ,
so erhält man Werte von vmax = 527*nA bis vmax =
1054*nA.
Üblicherweise wird als oberste sinnvolle Vergrößerung
bis
angegeben. Man nennt dies die "förderliche Vergrößerung".
Weil dabei der Maßstabsfaktor m nicht
mehr auftaucht, kann man oft lesen, die Auflösung hänge nicht vom Maßstab ab.
Das ist richtig, solange die numerische Apertur nicht selbst vom Abbildungsmaßstab
abhängt. Bei einem "normalen" Mikroskop ist diese Annahme erfüllt,
nicht aber bei einem Makroskop mit veränderbarem Auszug. Denn mit der
Auszugsverlängerung ändern sich die Gegenstandsweite und der objektseitige
Öffnungswinkel. Dies wird in der nachfolgenden Ableitung der numerischen
Apertur deutlich.
Numerische Apertur nA
Bei den üblichen Brennweiten der verwendeten Objektive und typischen
Blendenwerten, ist die Gegenstandsweite groß im Vergleich zum Durchmesser
D der Eintrittspupille. Es gilt dann in guter Näherung:
(g =
Gegenstandsweite)
Da man die Größe D nicht kennt, aber am Objektiv den Blendenwert k ablesen
kann, ist es nahe liegend, die Blende k = f/D einzuführen. Unter Verwendung
der Abbildungsgleichung, sowie der Definition des Abbildungsmaßstabs m
erhält man schließlich die Beziehung:
Zur Veranschaulichung ist die Betrachtung
von Grenzfällen nützlich. Lässt man die Gegenstandsweite immer weiter
anwachsen, so strebt die Bildweite (f) gegen die Brennweite und die
Auszugsverlängerung (x) gegen Null. Damit konvergiert auch m = x/f
gegen Null. Es ist keine Überraschung, dass im obigen Ausdruck die
numerische Apertur verschwindet, denn mit steigender Gegenstandsweite strebt
auch σ gegen Null.
Lässt man anderseits die Gegenstandsweite von großen Entfernungen gegen f
wandern,
so wächst die Auszugsverlängerung und mit ihr der Abbildungsmaßstab über
alle Grenzen. Der Bruch m/(1+m) nähert sich dem Wert 1. Im Grenzfall der
Unendlichoptik gilt:
Bei großem Abbildungsmaßstab kann man
diese Formel als Näherungsformel für die numerische Apertur verwenden.
Beispiele
Verwendet man ein Objektiv mit f=50mm mit der Auszugsverlängerung 100 mm (m
= 2) und betrachtet das Zwischenbild mit einem 10-Okular, so ergibt sich
eine Vergrößerung von v=20. Bei einem Blendenwert von 5,6 erhält man eine
numerische Apertur von 0,06 und eine förderliche Vergrößerung zwischen
30-fach und 60-fach. Das Bild ist scharf.
Bei demselben Ausstattung und einer
Auszugsverlängerung von 200mm (daher m = 4) steigt die Gesamtvergrößerung
auf v=40. Bei einem Blendenwert von 5,6 wächst wegen der geringeren
Gegenstandsweite die numerische Apertur auf 0,071. Die förderliche
Vergrößerung liegt zwischen 36-fach und 71-fach. Das Bild ist noch als
scharf zu bezeichnen. Erhöht man aber den Blendenwert auf 11, um die
Schärfentiefe zu erhöhen, so sinkt die numerische Apertur auf 0,037. Die
förderliche Vergrößerung liegt mit vmax
= 18 bis 36 bereits unter der
realisierten Vergrößerung von 40. Allerdings wird man bei dieser
Auszugsverlängerung schon wegen der geringen Helligkeit kaum so weit
abblenden.
Will man hohe Auflösungen bei hohen Vergrößerungen erreichen, so muss man
offenbar ein lichtstarkes Objektiv mit kurzer Brennweite verwenden. Die
Schärfentiefe ist dann sehr gering. Bei weit geöffneter Blende wirkt das
Bild zudem kontrastarm.
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