Definition und Aufbau

Was ist ein Makroskop?
Wenn ein Mikroskop nach der Bedeutung des Wortes ein Gerät zur Betrachtung kleiner Dinge ist, dann sollte sinngemäß ein Makroskop der Betrachtung großer Dinge dienen. Nun, ganz so wörtlich sollte man das nicht nehmen, denn mit „groß“ sind durchaus kleine Strukturen im umgangssprachlichen Sinn gemeint, die jedoch noch mit bloßem Auge erkennbar sind und zur Beobachtung noch kein Mikroskop erfordern.

Wie wenig scharf der Begriff „Makro“ abgegrenzt wird, zeigt sich am Beispiel der Makrofotografie. Manche Autoren nennen als Charakteristikum den Nahbereich, in dem sich das Motiv vor der Kamera befindet. „Nahaufnahme“ und „Makroaufnahme“ werden synonym gebraucht. Zumeist wird jedoch der Abbildungsmaßstab als Kriterium herangezogen. Dieser ist das Verhältnis der Bildgröße auf dem Film zur Größe des abgebildeten Gegenstands. In der DIN-Norm 19040 wird definiert, dass bei Makroaufnahmen der Abbildungsmaßstab zwischen 1:10 (Verkleinerung) bis 10:1 (Vergrößerung) liegt. Trotz dieser Festlegung wird vielfach eine andere Grenze gezogen. Man kann auch lesen, bei Abbildungsmaßstäben oberhalb 1:1 begänne die Mikrofotografie.

Es gibt aber ein weiteres und ganz anders geartetes Merkmal. Gerhard Göke schreibt in den einleitenden Worten zu seinem lesenswerten Artikel „Selbstbau eines Makroskops“ (MIKROKOSMOS 1997, S365):

„Neben den Stereomikroskopen mit einer 4- bis maximal 250fachen Vergrößerung werden von der optischen Industrie auch sogenannte Makroskope hergestellt, bei denen der Strahlengang nicht geteilt ist, sondern zentrisch verläuft.“

Hier wird ein wesentlicher neuer Aspekt genannt, der sich nicht aus der Wortbedeutung ableiten lässt. Im Gegensatz zu einem Stereomikroskop, das über getrennte Strahlengänge für jedes Auge verfügt, verläuft der Strahlengang eines Makroskops zentrisch. Stereoskopisches Betrachten ist damit nicht möglich. In diesem Sinne wurde auch der Begriff "Makroskop" von der Firma Wild für ihre Produkte geprägt.

Ob der optische Aufbau nach dem Prinzip der Endlichoptik aus Objektiv und Okular oder als Unendlichoptik aus Objektiv, Tubuslinse und Okular besteht, ist damit nicht festgelegt. Nicht definiert ist ebenfalls, ob das Bild mit Hilfe von Prismen seitenrichtig dargestellt wird. Zur Abgrenzung gegen die reine Makrofotografie ist mir dagegen wichtig, dass eine visuelle Beobachtung möglich ist. Makroskope mit einer expliziten Einrichtung zum Fotografieren, werde ich als Photomakroskope bezeichnen. Weil diese Schreibweise verbreiteter ist, als "Fotomakroskop", bevorzuge ich sie hier.
 

Grundlegender Aufbau
Diese Seiten beschäftigen sich mit Makroskopen, die aus Fotoobjektiv, Balgengerät und einem Tubus selbst zusammengestellt werden können. Gerhard Göke beschreibt in dem oben genannten Aufsatz Makroskope aus genau diesen Komponenten. Auch von Herrn Jan-Peter Frahm († 05.02.2014) wird in seiner Veröffentlichung "Fototechnik für Botaniker" (Bonn, 1998) der Eigenbau eines solchen Gerätes vorgeschlagen. (Diese Publikation konnte ich nicht mehr online finden.) Solche Makroskope entsprechen dem zweistufigen Aufbau eines Mikroskops mit Endlichoptik.

Das Bild rechts zeigt schematisch den optische Aufbau einer besonders einfachen Realisierung mit monokularem Einblick. Das Objektiv bildet das Objekt in die Zwischenbildebene ab. Für die visuelle Beobachtung wird das reelle Zwischenbild mit einem Okular vergrößert beobachtet. Eine Bildaufrichtung wie bei Stereomikroskopen wird bei den hier behandelten Makroskopen nicht vorgenommen.

Links unten ist die zugehörige Realisierung gezeigt. Der Balgen, der zwischen Objektiv und Zwischenbildebene eingebaut wird, erlaubt es, die Bildweite (Abstand zwischen Objektiv und Zwischenbild) in einem bestimmten Bereich kontinuierlich zu variieren. Damit ändert sich auch der Abbildungsmaßstab. Je größer die Bildweite, desto größer wird auch der Abbildungsmaßstab.

Strahlengang eines Makroskops (zweistufig mit Endlichoptik)
einfaches Makroskop mit monokularem Einblick  


Mit jeder Veränderung der Bildweite muss auch die Gegenstandsweite (Abstand zwischen Objekt und Objektiv) angepasst werden, damit das Objekt scharf in die Zwischenbildebene abgebildet wird. Den Komfort eines pankratisches Linsensystems, üblicherweise als Zoom bezeichnet, kann man bei einem Balgengerät nicht erwarten.

Bringt man einen Film oder einen lichtempfindlichen Chip (z.B. CCD-Chip) in die Zwischenbildebene, so entsteht die herkömmliche einstufige Makrokamera. Alternativ kann auch eine Digitalkamera mit Objektiv über einen geeigneten Adapter, etwa ein Okular, angeschlossen werden. Im Abschnitt über die Varianten werden diese Realisierungen im Einzelnen vorgestellt.

Alle wesentlichen Komponenten, wie Objektiv, Balgengerät, Teile des Stativs, sowie Adapter zur Befestigung des Okulars am Balgengerät sind im Bild erkennbar. Die für ein Makroskop relevanten Eigenschaften werden jeweils in den zugehörigen Abschnitten diskutiert. Zudem wird die Adaption von Kameras an Tuben angesprochen. Beginnen Sie mit dem Lesen am besten bei der Übersicht über die Komponenten.

Vor- und Nachteile
Bevor man an den Bau eines solchen Makroskops oder Photomakroskops geht, sollte man sich darüber Gedanken machen, was man sich von ihm erwarten kann und worin seinen Stärken und Schwächen liegen. Das gilt insbesondere, wenn man das Makroskop als Alternative zu einem Stereomikroskop betrachtet.

Die wichtigsten positive Eigenschaften sind:

  • gute bis sehr gute Abbildungsqualität bei visueller Beobachtung,
     

  • eine entsprechend gute Qualität von herkömmlichen oder digitalen Aufnahmen, wobei auch die einstellbare Irisblende von großem Vorteil ist,
     

  • kontinuierlich veränderlicher Abbildungsmaßstab,
     

  • kein seitlicher Versatz von Bildern bei Aufnahmen zu verschiedenen Schärfeebenen und daher bessere Möglichkeiten, Bilderstapel zu erzeugen und zu einem Bild zu kombinieren,
     

  • leichte Austauschbarkeit von Objektiven und daher einfache Änderung von Brennweite und Apertur.
     

Negative Punkte sind dagegen:

  • kein stereoskopisches Sehen,
     

  • kein aufrechtes seitenrichtiges Bild,
     

  • die oftmals umständliche Bedienung.

Wegen des fehlenden räumlichen Seheindrucks und des nicht aufgerichteten Bildes ist das hier beschriebene elementare Makroskop für Arbeiten unter vergrößerter Beobachtung wenig geeignet. Als Präpariermikroskop ist das Stereomikroskop die beste Lösung.

Die beiden letztgenannten negativen Punkte ließen sich durch Beschaffung eines kommerziellen Makroskops beseitigen. Vermutlich wegen ihrer geringen Fertigungsstückzahl sind Makroskope hoher Qualität im Vergleich zu Stereomikroskopen nicht gerade billig.

Der Charme des Eigenbaus liegt zum großen Teil darin begründet, dass man sich unter Verwendung von Standardkomponenten aus der Fotografie und Mikroskopie kostengünstig ein Makroskop bauen kann und das Gerät auch wieder mit wenigen Handgriffen in seine Komponenten zerlegen kann. Jede Komponente bleibt für ihren ursprünglichen Beschaffungszweck weiterhin nutzbar, da sie nicht modifiziert werden muss.